Pflichtlektüre spätestens zur Pubertät
Wir alle kommen irgendwie und irgendwo auf diese Welt – die eine in Bangladesh in einem Slum, der andere als Sohn einer Milliardärsfamilie – beides hat seine Licht- und Schattenseiten, und das mag eine Fügung eines nicht konkret greifbaren „Schicksals“ zu sein. Aber wir alle erhalten im Laufe unserer Kindheit und Jugend Prägungen – zuallererst durch unsere Eltern oder die Menschen, in deren unmittelbaren Umgebung wir aufwachsen. Später kommen Lehrer hinzu, andere Personen, die entscheidenden Einfluss auf uns nehmen – zunächst ohne das wir in der Lage wären, per kritischem Verstand zu filtern, was von diesen Impulsen wirklich lebensdienlich, was vielleicht religiös oder politisch dogmatisch oder jeweils kulturspezifisch einengend, beschränkend ist.Die ersten Jahre – und ganz besonders die allerersten – formen unsere Persönlichkeit. Da werden ganze „Autobahnen an Überzeugungen, Gewohnheiten, Fremdwerten, etc.“ in unser System gelöffelt – neben dem Brei und später der festen Nahrung, die wir hoffentlich auch in ausreichender Menge bekommen.
Doch nicht alle diese Überzeugungen sind lebensdienlich, da häuft sich allerhand an, was der Verwirklichung unseres eigenen Potentials eher im Wege steht, und mit mehr oder weniger psychischer oder auch körperlicher Gewalt anerzogen wird.
Auch in unserer heutigen, scheinbar aufgeklärten Zeit ist es immer noch üblich, nicht etwa ein neu auf die Welt kommendes Kleinkind staunend zu begrüßen, und nun zu schauen, was sich denn da verwirklichen will, um es zu schützen und mit einem Mindestmaß an Überlebensregeln dabei zu begleiten, dieses Potential zu entfalten. Stattdessen ist richtig oder falsch, was unsere Eltern und Bezugspersonen dafür halten: Rotgefärbte Haare sind „falsch“, eine bestimmte politische oder relogiöse Gesinnung – und sei sie noch so absurd – ist „richtig“, „so und so verhält man sich gegenüber Eltern und Erwachsenen“, „Du sollst dich nicht wehren!“, „Man spricht nicht bei Tisch!“ und du sollst Vater und Mutter ehren – egal, was sie vielleicht an Destruktivem anrichten – meist aus der eigenen, unreflektierten Historie heraus („Mir haben die Schläge damals auch gut getan!“).
Angesichts dieser Last an gewaltvoll anerzogenen Fremdwerten verbiegen sich Biographien von gesunden zu kranken Lebensläufen, halten sich lebensfeindliche Prägungen oft über Jahrzehnte, und frühe oder dauerhafte Kränkungen führen zu jahrelangem Leiden, das sich dann seelisch als Destruktiv-Angst, Depression & Co. oder eben in Form körperlicher Symptome zeigt, die von der Schulmedizin immer noch so mechanistisch „behandelt“ werden, als sei der Mensch eine Art komplizierte Maschine, wo es eben mal etwas auszuwechseln oder zu reparieren gäbe.
In diesem Sinne schreibt Alice Miller hier ein Werk, dass gerade jungen Erwachsenen von besonderem Wert sein könnte, bekämen sie es in einer Zeit in die Hand, in der eine gesunde Ablösung vom Elternhaus gelingt oder misslingt. Wo die Lebensaufgabe darin besteht, Fremdes von Eigenem unterscheiden zu lernen, und die Lebensnavigation noch einmal neu zu trimmen: Ist das religiöse Konzept, dass man mir vermittelt hat, wirklich mit meinen eigenen Werten im Einklang? Wie sieht es mit den politischen Konzepten aus, der Art und Weise, mit anderen Menschen umzugehen? Was hier abstrakt klingen mag, hat direkte und konkrete Auswirkungen auf das Alltagsleben. Ist Selbstbefriedigung „böse“? Darf ich offen sagen, was ich denke, auch wenn es „Autoritäten“ nicht gefällt? Wie verhalte ich mich in Konfliktsituationen – inneren wie äußeren: Passe ich mich unterwürfig an, weil mir die Angst vor strafenden oder liebesentziehenden Eltern noch in den Knochen sitzt, oder wage ich es, meinen Weg zu gehen? Wiederhole ich das, was mir als Kind angetan wurde an meinen eigenen Kindern, ja, kriege ich es bei nahezu völlig zerstörtem Selbstwertgefühl überhaupt hin, gesunde, gleichwürdige Beziehungen aufzubauen?
Wer neugierig ist, wie dieser „Reinigungsprozess von übernommenen Fremdwerten“ vonstatten gehen kann und wie man sich – entweder in der stillen Selbstreflexion, mithilfe des Aufschreibens eigener Erkenntnisse oder auch mit einem Partner, der nicht zwingend Therapieprofi sein muss, von fremden Anteilen, die eigene Potentiale begrenzen, befreien kann, dem sei dieses Werk ans Herz gelegt.
Risiken und Nebenwirkungen: Es kann sein, dass während dieses Prozesses oder nach dem Abschluß von Teilschritten sich erhebliche Veränderungen ergeben: Veränderte Beziehungen zu Bezugspersonen, Veränderungen bei der beruflichen Orientierung bis hin zur Partnerschaft. Veränderungen, die nicht jedem gefallen werden, die jedoch sehr klar zeigen werden, wer Ihnen wirklich zugewandt ist, und wer nicht. Wer vielleicht durch emotionale Erpressung oder andere Formen der Gewalt versucht, Ihre eigene Form zu verbiegen – und dann ist es ratsam, zugunsten seelischer und körperlicher Gesundheit, siene Beziehungen neu zu ordnen, Schädliches zu trennen, und neue Wege zu gehen – die Alternative lautet: Angst & Depression (falls man es nicht noch weiter treibt und schließlich bei noch schmerzhafteren Formen seelischer und körperlicher Erkrankung landet).
In diesem Sinne: Lesen, Orientieren und: Anpacken: Das vielleicht bedeutendste Projekt Ihres Lebens: Ihr gerettetes Leben!
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