Endlich, endlich…
…eine sanfte Alternative zum verbreiteten, einfallslosen "Da musst Du noch mal durch!“ üblicher Psychotherapie!
Nahezu alle Therapieansätze (und gerade auch jene, die von gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden) – von der immer noch freudianisch geprägten Psychoanalyse über Ansätze wie Focusing bis zu Populär-Psychologien wie Robert Betz gehen davon aus, es sei unabdingbar nötig ja unverzichtbar, dass sich Traumatisierte als Teil ihrer Heilung erneut in und durch das extrem belastende Gefühlschaos hindurchbegeben müssten, dass in Folge einer erschütternden Erfahrung im Körper gespeichert ist, und auch dann noch "Gefahr“ signalisiert, wenn die eigentliche, reale Gefahr längst vergangen ist. Gabriele Kahn stellt hier ein Konzept vor, dass nicht nur darauf verzichtet, sondern einen deutlichen, positiven Kontrapunkt dazu setzt.
Die oben genannte These klingt in meinen Ohren so, als sei es das Patentrezept, einem Überlebenden eines Erdbebens, der eh nur mit letzter Kraft eine Katastrophe überstanden hat (und das ist eine Traumatisierung – egal ob durch körperliche, seelische oder sexualisierte Gewalt erfahren – für die Betroffenen!) zuzumuten, nun auch noch sein zerstörtes Haus Schüppe für Schüppe zu entsorgen: Immer den Ort des schrecklichen Geschehens vor Augen. Mag es auch zynisch klingen: Ich wünsche den Vertretern dieser und ähnlichen Anschauungen nur einmal – sagen wir 5 Minuten – des Erlebens dieses Schreckens, dieser Ohnmacht, der als völlig real erlebten Todesangst und intensiven, beinahe unaushaltbaren seelischen Schmerzes, damit sie vielleicht von solcherlei Unsinn kuriert würden, und sich auf die Suche nach weniger belastenden therapeuthischen Interventionen machen würden!
Leider wird die oben kritisierte Lehrmeinung nach wie vor in Ausbildung und im Studium verbreitet, sodass ständig ein "Nachschub“ an derartig geprägten Psychologen und anderen Therapeuten auf den Markt drängt – einen Markt, der aufgrund der verbreiteten Kälte in unserer Gesellschaft und besonders den Schwächsten und Kleinsten gegenüber – den Kindern sowie anderen gesellschaftlichen Entwicklungen (befristete Arbeitsverhältnisse, steigender Arbeitsdruck, etc.) – unaufhörlich wächst: Die Wartezeiten auf Therapieplätze sprechen da eine deutliche Sprache!
Obwohl Pioniere wie Alice Miller, Jochen Peichl, Michaela Huber, Jay Earley, Bessel van der Kolk, die Vertreter von EMDR und EFT in all ihren Variationen, Susan Forward, Ero Langlotz, in gewisser Weise auch die jüngsten Entwicklungen von Franz Ruppert und eben auch Gabriele Kahn eine Bresche in diesen Trend geschlagen haben, ist die Gefahr, an einer der "klassischen Vertreter“ zu gelangen immer noch hoch – sowohl bei ambulanten wie stationären Maßnahmen.
Richtig schlimm wird es, wenn man es mit (oft sehr geschickt sich selbst vermarktenden) Vertretern der verschwurbelten Esoterik-Psychologie zu tun bekommt, dann bekommt man u. a. folgende "Weisheiten“ präsentiert:
- Gefühle kommen einfach von irgendwoher;
- Gefühle sind vom Opfer selbst verursacht (im Sinne einer Schuldzuweisung) wie Betz & Co.;
- man müsse sich den Täter(Eltern) unterwerfen (Hellinger & Co.)oder…
- eine Heilung oder Erlösung sei nur durch Vergeben oder das vertrauen auf Gott möglich,
- etc.
Gabriele Kahn bietet hier als Strategie genau das an, was sich natürlicherweise entwickelt, wenn die Beziehung von Kindern zu Eltern (und insbesondere Müttern) gelungen ist: Ein inneres Bild einer (relativ) sicheren, verlässlichen Welt – kurz: Urvertrauen. Wird dieses Bild gestört, stellen sich die bekannten Symptome von A wie Agoraphobie über D wie Depression, P wie Panikattacken bis zu Z wie Zwangshandlungen ein, die die klassische Psychologie wie Psychiatrie mit allerlei Mittelchen zu behandeln sucht, was oft eher wie das Kinderspiel "Topfschlagen“ anmutet, macht man denn den Patienten zu einer Art Versuchskaninchen bei der Abwägung zwischen lindernden und schädigenden Wirkungen – ohne jedoch zu fragen: Wo kommt die Angst her, die einen immer wieder überfällt, obwohl im Außen nichts beängstigendes wahrzunehmen ist (was den/die Betroffenen zusätzlich verwirrt). Wie Alice Miller schon geschrieben hat: "So lässt man sich jahrelang mit Medikamenten behandeln, aber niemand (weder die Leidende noch der Arzt) stellt sich die Frage: Wo ist die Gefahr, die der Körper nicht aufhört zu signalisieren? Die Gefahr verbirgt sich in der Geschichte der Kindheit, aber alle Türen, die uns diese Perspektive eröffnen könnten, scheinen hermetisch verschlossen zu sein. Niemand versucht, sie zu öffnen, im Gegenteil, wir unternehmen alles, um uns nicht unserer Geschichte stellen zu müssen mit ihrem unerträglichen Schrecken, der uns so lange Zeit begleitet hat. Weil es sich um die verwundbarsten und ohnmächtigsten Jahre unseres Lebens handelt, will man nie mehr daran denken. Man will diese Ohnmacht nicht fühlen, und auf keinen Fall wollen wir uns an die Atmosphäre erinnern, die uns umgab, als wir klein waren und machtgierigen Menschen ausgeliefert.“
Ggf. kombiniert mit anderen Strategien der Traumabehandlung (EMDR, EFT, Schmetterlingsumarmung, etc.) ist der Ansatz von Kahn vielleicht der schonendste wie am Ende auch der effektivste, wie die zitierten Fallvignetten beeindruckend zeigen (siehe auch im Exzerpt: https://gkahn-traumatherapie.de/wp-content/uploads/2018/03/das_innere-kinder-retten-1.pdf).
Produktinformationen
Taschenbuch: 210 Seiten
Verlag: Psychosozial-Verlag; Auflage: 1 (1. November 2010)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3837920852
ISBN-13: 978-3837920857
Format: 14,9 x 2 x 21,1 cm
Preis: 22,90 €
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